Chronik zum 50 Jahre Siedlergemeinschaft Hirschacker
Vorwort
Kirchen, Gaststätten, Schulen, Sportplätze, Kindergärten, Bankfilialen, Einkaufsmöglichkeiten. Dies ist das Bild, wie sich der Hirschacker heute seinen 3000 Einwohnern präsentiert. Sicher wird sich der Leser fragen, was solch eine Aufzählung verschiedener Funktionen in der Festschrift eines Vereins zu suchen hat. Die folgenden Zeilen sollen eben genau dies aufzeigen, nämlich die enge Verflochtenheit der Geschichte unseres Stadtteils mit der Siedlergemeinschaft.
Wie alles begann:
Natürlich war es ein langer Weg, bis es überhaupt zur dokumentierten Gründungsversammlung kam. Tatsächlich bestanden schon Pläne bezüglich der Besiedelung der damals im Volksmund so genannten „Stoberwüste“ vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Man wallet seine Nebenerwerbssiedlung errichten. Dieses Areal bestand aus geringwertigem Boden (Flugsand) was zur Folge hatte, dass man bei der . Zuteilung der Grundstücke recht großzügig verfuhr. Ein weiterer Grund für diese Verfahrensweise war auch die Annahme, dass sich hier nur ein paar wenige Siedler niederlassen werden. Jeder weiß, dass dem heute nicht so ist. Sicher gibt es heute auch noch spezifisch den Hirschacker betreffende Probleme, jedoch sind diese bei weitem nicht mehr vergleichbar mit denen aus der Gründerzeit. An dieser Stelle sollen nur einige genannt werden: Kein Strom, keine befestigten Straßen, kein elektrisches Licht, keine Kanalisation, hinzu kam ein stinkendes Dreckloch, auf dem sich heute das Badenia Gelände befindet. Diese Missstände äußerten sich in der lokalen Zeitung unter dem Stichwort „Hirschackerprobleme“. Hatten die Hirschacker-Bewohner damals ein starkes Gefühl der Benachteiligung durch die Stadt Schwetzingen, so ist dies heute nicht mehr unbedingt vorhanden. Jedoch gibt es immer noch Ansatzpunkte, die das Verhältnis von Stadtverwaltung zum Stadtteil noch verbessern könnten.
Man denke beispielsweise nur daran, welchen Kampf die Siedlergemeinschaft führen musste, um eine Verkabelung des Hirschackers durch die Post durchzusetzen. Auch sind Einrichtungen des täglichen Bedarfs immer noch nicht in dem Maße vorhanden, wie sie einer 3000 Einwohner zählenden Siedlung angemessen wären. Immer noch fehlt zum Leidwesen vieler ein Supermarkt. Das Siedlungsgebiet Hirschacker war ursprünglich ein mit Kiefern bestandenes welliges Dünengelände westlich der Rheintalbahn im Nordteil der Gemarkung. An seinem Rand wuchsen Eichen und Linden, unter denen sich Fuchs und Hast‘ „Gute Nacht“ sagten. Noch früher röhrten da Hirsche, wie der Name besagt. Der dürftige Wald wurde 1935 gerodet, das Berg- und Talgelände eingeebnet und mit einer beschotter ten Straße sowie einer kleinen, elektrisch betriebenen Pumpstation versehen. Hier sollten 66 Siedlerstellen für kinderreiche Familien geschaffen werden, wofür das Wasserwerk vermutlich ausgereicht hätte. Das Unternehmen konnte nicht zu Ende geführt werden, weil der Westwall das Baumaterial nahezu restlos verschlang und der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs jede private Bau Tätigkeit verhinderte. Die 1938 verpachteten 20 Grundstücke wurden deshalb nur gärtnerisch genutzt. Nicht alle Pächter blieben „bei der Stange“.
Unter dem Zwang der Wohnungsnot, durch Flüchtlinge und Heimatvertriebene noch verstärkt, erinnerte man sich nach dem Krieg des vorbereiteten „Siedlungsgebiets westlich der Rheintalbahn“ – so die offizielle Bezeichnung. Die Stadt forderte 1947 die damaligen Pächter auf, es gehe wie es wolle, innerhalb der nächsten zwei Jahre mit dem Hausbau zu beginnen, sonst werde sie das Gelände anderweitig vergeben. Wie es gehen solle, verliert man allerdings nicht. Nur drei Siedlern (Egner, Pfau und Rosenkranz), die sich Baustoffe zu verschaffen verstanden, gelang es, vor der Währungsreform Häuser zu erstellen. Einige der Bauwilligen wussten, dass man über den Deutschen Siedlerbund Bezugsscheine für Baustoffe und auch sonst Förderung erlangen könne. Sie regten deshalb an, sich zu einer Gemeinschaft zusammenzuschließen und dem Siedlerbund beizutreten. Die Gründungsversammlung fand am 27. Juni 1947 unter freiem Himmel auf dem Gelände des Siedlers Greulich statt.
Auf Spargelhaufen am Fuße des Eiskellerbuckels sitzend, diskutierten die 15 Teilnehmer über Zweck und Ziel ihres Vorhabens. Sie wählten Josef Egner zum ersten und Wilhelm Greulich zum zweiten Vorstand, Friedrich Prötel zum Schriftführer und Alfred Ehrhardt zum Kassier. Man bat die Stadtverwaltung um den Anschluss der Grundstücke an das Siedlungswassernetz, auch beschloss man Torf, Düngemittel und Obstbäume gemeinsam zu beziehen.
Solange die Bauwilligen noch in der Stadt wohnten, fanden weitere Siedlerversammlungen im „Posthorn“ statt. Als Treuhänder der Siedlergemeinschaf t bemühte sich Dr. Veith um die Finanzierung der Bau vorhaben. Er beschaffte Darlehen bei der Landeskreditanstalt Karlsruhe und anderen Geldinstituten. Den Ausschlag bei der nach strengen Grundsätzen erfolgten Zuteilung gab weniger die Höhe der vorhandenen Eigenmittel, die so kurz nach der Währungsreform bei keinem der Bauherren bedeutend sein konnten, als die Bewertung der Eigenleistung. Kredite für den sozialen Wohnungsbau gewährte die Lakra aber erst dann, wenn das Kellergeschoß fertig gestellt und mit einer Decke versehen war.
Während des Jahres 1949 wurden zu den bereits bewohnten drei Häusern 19 Siedlerhäuser erbaut und bezogen, 20 weitere waren im Bau. Ende des genannten Jahres wohnten schon 37 Familien in der Siedlung. Josef Egners Haus wurde nach der Erweiterung durch einen eingeschossigen Anbau unter dem Namen „Siedlerschänke“ das Vereinslokal der Siedlergemeinschaft. Am 21. Mai 1950 erhielt der rasch wachsende Stadtteil im Rahmen eines k leinen Sommerfestes auf dem Marktplatz, an dem schon einige Häuser standen, im Beisein des Bürgermeister Dusberger und des Gemeinderats den von Siedler Brauch vorgeschlagenen Namen der Flur Hirschacker, der Straßenzug vor dem Marktplatz die Bezeichnung „Rheintalstraße“, der dahinter den Namen „Siedlerstraße“.
In der Anfangszeit mussten die Hirschackerbewohner auf manche Bequemlichkeit verzichten, die sie in der Stadt gehabt hatten. Die Wasserversorgung fiel oft aus, weil das kleine Pumpwerk nicht mehr ausreichte. Der Leiter der Siedlergemeinschaft musste ebenso oft die Stadtwerke anrufen. Um die Siedler zu sparsamen Wasserverbrauch zu zwingen, setzten sie ihnen im Jahre 1950 Uhren. In den Vorstandssitzungen und Siedlerversammlungen fiel manches harte Wort, weil ausgerechnet im Notstandsgebiet Hirschacker zuerst der Wasserverbrauch gemessen wurde, in der Stadt in Privathaushalten aber damals noch nicht. Im April 1951 verlängerten die Stadtwerke das städtische Wassernetz bis zur Siedlung „Am Langen Sand“, 1955 bis zum Hirschacker, dessen Pumpwerk 1956 stillgelegt wurde. Um den Wasserdruck zu verbessern, verband man 1958/59 nach der Unterdükerung der Rheintalbahn die Wasserleitung aus der Stadt mit dem Pumpwerk der Panzer Kaserne durch Eternitröhren von 200 mm Querschnitt. Damit war die Versorgung des Hirschackers mit Trinkwasser endgültig gesichert. Bei weiteren Vorsprachen der Siedlergemeinschaft ging es nur noch um den Chlorgehalt.
Auch wegen der Straßenbeleuchtung musste sie mehrfach intervenieren. Die ersten zwei Jahre tappten die Siedler außer in mondhellen Nächten im Dunkeln. Als endlich am 1. Dezember 1950 der Hirschacker im Lichte elektrischer Straßenlampen erstrahlte, empfanden die Bewohner es als großen Fortschritt. Da kaum einer der Siedler anders als heute über ein eigenes Kraftfahrzeug verfügte, sprach und schrieb man zunehmend von dem Wunsch nach dem Anschluss des abgelegenen Stadtteils an das allgemeine Verkehrsnetz. Nur wenige Züge hielten meist zu unpassenden Zeiten am Haltepunkt Hirschacker der Rheintalbahn. Hirschackerbewohner, die im Industriegebiet Mannheims oder in Schwetzingen arbeiteten, waren auf das Fahrrad angewiesen. Die Kinder hatten einen weiten Schulweg zur Stadt, weshalb sich die Siedlergemeinschaft 1952 für den Bau einer Hirschackerschule einsetzte, jedoch ohne Erfolg. Wenigstens erreichte sie, dass die Bundesbahn für Omnibusse der Linie Mannheim-Schwetzingen Wiesloch eine Haltestelle am Kies loch (Sandgrubenweg) einrichtete.
Die wachsende Zahl der Hirschacker-Schulkinder veranlasste die Stadt nach wiederholten Vorsprachen der Siedlergemeinschaft und des Elternbeirats (Franz Heppler), mit dem Verkehrsamt Mannheim der Deutschen Bundesbahn eine Vereinbarung zu treffen, dass künftig Schulbusse zwischen dem Hirschacker und der Stadt verkehrten. Der Zubringerdienst wurde am 18.Oktober 1954 feierlich aufgenommen. Mit den Schulbussen durften auch Bewohner des Hirschackers gegen Bezahlung mitfahren. Somit war dieser Tag zugleich der Beginn des allgemeinen Bahnbusverkehrs aber noch nicht die Eröffnung einer durchgehenden Omnibuslinie.
Das Evangelische Hilfswerk erstellte 1954/55 auf der Westseite der Siedlerstraße eine Reihe von zweistöckigen Doppelhäusern. In der Generalversammlung der Siedlergemeinschaft vom 13.März 1955, in welcher der bisherige zweite Vorstand Georg Dosch zum 1. Vorsitzenden gewählt wurde, sprach Stadtrat und Mitglied Schreiner von der dringenden Notwendigkeit, dass der Hirschacker an das städtische Kanalnetz angeschlossen werden müsse; denn das Wasserwirtschaftsamt erhebe bereits Einwände gegen die grenzenlose Vermehrung von Sickergruben. Im folgenden Jahr (1956) trat ein, was Schreiner befürchtet hatte. Die Wasserförderung im Hirschacker musste eingestellt werden. Das Landratsamt Mannheim verhängte eine allgemeine Bausperre, bis sämtliche Siedler ihre Sickergruben auf Zweikammersystem umgestellt hatten. Diese Verfügung wurde stark kritisiert, weil bekannt war, dass der Fäkalienwagen, der die Gruben entleerte, seinen Inhalt in das bei der Müllgrube anstehende Grundwasser direkt einleitete. Nach der Umstellung der Sickergruben konnte die Bautätigkeit weitergehen .
Ein Festtag für Hirschacker wurde die feierliche Grundsteinlegung am evangelischen Gemeindehaus (mit Kindergarten) am 9.Juni 1957. Es konnte im folgenden Jahr seiner Bestimmung übergeben werden. Vorstand Dosch hatte die Kirchengemeinde zum Bau dieses Hauses ermuntert, um den Stadtteil Hirschacker einige Grade aufzuwerten. Bei der Feier des zehnjährigen Bestehens der Siedlergemeinschaft (1957) fand der Schirmherr des Festes, Landrat Dr. Valentin Gaa, anerkennende Worte für das, was bisher im Hirschacker, den er für ein „totgeborenes Kind“ hielt, geleistet worden war. Bürgermeisterstellvertreter Adolf Schmitt bescheinigte den Siedlern, dass sie aus einem öden Sandfeld ein reizendes Paradies geschaffen hätten. Laut Statistik vom 1.August 1957 gäbe es im Hirschacker bereits 131 Anwesend und 260 Haushaltungen mit 1015 Personen. Die Stadt habe durch Übernahme der Ausfallbürgschaft für Darlehen von insgesamt 770.000 DM den Hirschacker wesentlich gefördert. Zum Glück stand an diesem Tage der Wind von der stinkenden städtischen Müllgrube nicht zum „Paradies“, sonst wäre wohl der Vergleich weniger poetisch ausgefallen.
In der Siedlerversammlung vom 7.März 1958, die der im Januar gewählte Vorstand Manfred Welker leitete, sprach Stadtbauamtsrat Back von der Notwendigkeit für den Hirschacker, die „bittere Pille“ der von ihm erweiterten Müllgrube noch eine Weile zu schlucken. Dafür könne er mitteilen, dass die Gesamtplanung zur Kanalisation des Stadtteils fertig gestellt sei. Der Kostenaufwand werde 576.000 DM betragen. Auf der Westseite des Marktplatzes sei eine neue Straße vorgesehen, die auf Vorschlag von Stadtrat Schreiner „Hirschbrunnenweg“ heißen werde. Ihre Häuser sollen die wilde Bebauung auf der Rückseite der Gebäude am Marktplatz verdecken. Backs Forderung, dass hier „tadellos geplant und gebaut“ werden müsse, hat man leider aus unerfindlichem Grunde nicht erfüllt.
Bedeutungsvoll für den Hirschacker wurde ein weiterer Beschluss des Gemeinderats vom Jahre 1958. Am 29.Oktober legte er sich auf den Bau einer vierklassigen Volksschule im Gewann „Am Langen Sand “ am Südrand des Hirschackers fest. Den Standort der Schule hatte Rektor und Stadtrat Laub vorgeschlagen, damit die Holzhofkinder keinen zu weiten Schulweg hätten. Vorstand Welker vertrat die Ansicht der Hirschackerbewohner; sie wollten die Schule gerne im Zentrum der Siedlung haben. Sie wurde jedoch an der vorgesehenen Stelle erbaut (1959 / 62), was sich als glücklicher Umstand erweisen sollte, wie man noch lesen wird.
Am 7.März 1959 rief die Stadtverwaltung die Hirschackersiedler zu einer Besprechung in der „Siedlerschänke“ zusammen. Bürgermeister Kahrmann machte sie mit dem Plan bekannt, längs der Bahnlinie hinter den Gärten der Rheintal und Siedlerstraße einen Gartenweg anzulegen, damit, wie in einigen Fällen bereits geschehen, auch auf der rückwärtigen Hälfte der für zu groß und unausgenützt gehaltenen· Grundstücke Häuser erstellt werden könnten, um dadurch eine Verdichtung des Wohngebiets zu erreichen. Die Stadt sei bereit, Grundstücke zurückzukaufen, die sie Bauwilligen zur Verfügung stellen wolle. Der Plan fand keinen Anklang fand musste an acta gelegt werden.
In der zweiten Jahreshälfte 1959 und in der ersten 1960 verlegte das Bauunternehmen Wiest den Hauptstrang der Kanalisation von der Kläranlage bis zum Nordende des Stadtteils in einer Tief e von 6 bis 6,5 Metern. Die Siedlergemeinschaft bat vergeblich darum, gleichzeitig Steigleitungen anzubringen, damit die Hausbesitzer mit ihren Anschlüssen in eine weniger gefahrvolle Tiefe hinab gehen mussten. Trotz der Warnungen seines Vorgängers fasste der nunmehrige Gemeinschaftsleiter Brauch das „heiße Eisen“ an und begann nach dem Abrücken der Teermaschine der Straßenbauer mit der „Aktion Siedlerbund“. Mit Hilfe des von Siedler Behrend geführten Baggers und zweier Kanalbauer wurde unter Mitwirkung der Eigentümer innerhalb von vier Monaten die Frage der Hausanschlüsse auf schnellste und billigste Art gelöst. Die Hausbesitzer kamen mit je 200-300 DM davon, statt mit 1000-1200 DM nach dem Kostenvoranschlag einer Mannheimer Kanalbaufirma. Das Selbsthilfeunternehmen wäre allerdings gescheitert, hätte nicht die Firma Langlotz Brühl 5 m lange stählerne Spunddiele zur Verfügung gestellt. Ihr Prokurist sagte: „Wir wollen nicht, dass im Hirschacker ein Unglück geschieht!“ In der Vorstandssitzung vom 26. Dezember 1960 konnte der Gemeinschaftsleiter mitteilen, man habe die Kanalanschlüsse von 77 Häusern und dem Anwesen. Gerzymisch unter Einbuße von nur 5.-DM zu Lasten der Siedlerbundskasse ohne einen Unfall glücklich geschafft. Von den schlaflosen Nächten, die ihm das gewagteste Unternehmen seines Lebens bereitet hatte, sprach er nicht.
Das Jahr 1961 verlief ebenfalls dramatisch. Die unaufhörlichen Ausbrüche des nahen „Vulkans“ an der Bundesstraße 36 riefen mehrfach die Freiwillige Feuerwehr Schwetzingen auf den Plan. Auf Verlangen der Siedlergemeinschaft legten die Stadtwerke eine Wasserleitung zur Müllgrube. Sie erwies sich als wirkungslos, weil die Siedler nicht täglich das zur Verfügung gestellte Gartenschläuchlein bedienen wollten. Als drei Kinder in der unterirdisch glühenden Schutthalde einbrachen und sich jämmerlich die Füße verbrannten, sandte die Siedlergemeinschaft einen telegrafischen Hilferuf an die Landesregierung. Daraufhin wurde wenigstens das Pachtverhältnis mit dem Nutznießer der Müllgrube gelöst. Erst als nach der Amtsübernahme von Bürgermeister Waibel (1962) die Grube fast gefüllt war, diente sie von ihm veranlasst nur noch zur Ablagerung von Bauschutt.
Die jahrelang erduldete Belästigungen der Hirschackerbewohner fand damit ihr Ende. Es darf aber nicht verschwiegen werden, dass mancher Siedler aus der Müllgrube viel Brauchbares zum Bau seines Hauses herausholte. Auch daran sollte man sich erinnern!
Eine weitere Aufwertung des Hirschackers, auch diesmal von kirchlicher Seite, brachte die feierliche Einweihung des katholischen Gemeindehauses mit Kindergarten am 24. September 1961. Der Gemeinschaftsleiter des Siedlerbundes sprach den Glückwunsch der Siedler in Versform aus. Im November des gleichen Jahres drohte dem Stadtteil Hirschacker die Gefahr, durch die geplante neue Autobahn Mannheim-Walldorf von der Muttergemeinde Schwetzingen abgeschnitten zu werden. Wäre Plan A (Trasse nahe an Schwetzingen vorbeigeführt), den die Stadt Mannheim wünschte, verwirklicht worden, hätten die Hirschackerschule (Wert 350.000 DM) und die im gleichen Jahr gebaute Halle Gerzymisch (Wert 1 Million DM) wieder abgerissen werden müssen. Ebenfalls im November 1961 sagte das Verkehrsamt Mannheim der Deutschen Bundesbahn der Siedlergemeinschaft zu, die direkten Omnibusse der Linie Mannheim-Schwetzingen-Wiesloch durch den Hirschacker zu leiten, Bürgermeister Waibel ließ die Auf fahrt beim Rheinhardtbuckel verbreitern und befestigen, so dass der regelmäßige durchgehende Omnibusverkehr mit dem Sommerfahrplan 1962 verwirklicht werden konnte; er wurde einige Jahre später erheblich verdichtet. Der verdienstvolle frühere Gemeinschaftsleiter Georg Dosch erlebte die sich anbahnenden besseren Zeiten des Hirschackers leider nicht mehr. Er wurde am 20.März 1962 zur letzten Ruhestatt geleitet. Im Herbst 1962 kam der seitherige Vorsitzende Brauch der Siedlergemeinschaft in den Gemeinderat, dem er bis 1968 angehörte. Er trat für den Ausbau des gesamten Straßennetzes, vor allem für die Verbreiterung des, Die Zeit des Franz Heppler begann unter denkbar schlechten Vorzeichen, war doch die Zeit von mehreren Rücktritten einiger Vorstandschaftsmitglieder geprägt. Von daher war es ein glücklicher Umstand, da ß mit Franz Heppler ein engagierter und begeisterungsfähiger Mann an die Spitze des Vereins kam, der es verstand neue Impulse zu setzen.
Bis zu seiner Wahl am 4.Mai 1963 zum ersten Vorsitzenden war Franz Heppler nicht nur Kassenprüfer, sondern eine im Hirschacker bekannte Persönlichkeit. Er war nicht nur der leitende Brandmeister des Löschzuges Hirschacker, auch in seiner Eigenschaft als Elternvertreter setzte er sich vehement für den Bau der Hirschackerschule ein. In diesen Zeitraum fiel der Ausbau der Rheintalstraße, wohingegen der Marktplatz sich noch in einem trostlosen Zustand präsentierte. Eine Neuordnung bezüglich der Vereinssatzung erfolgte am 7. 2. 64, war es doch nun auch Jungsiedlern und Siedleranwärtern also Personen ohne eigenes Haus möglich, in den Verein aufgenommen zu werden. Die Intention Hepplers bestand darin, auf diese Weise das Nachwuchsproblem zu lösen, was auch letztlich von Erfolg gekrönt war. Jährlich ansteigende Mitgliederzahlen bewiesen dies.
Im Jahre 1964 wurde die Siedlergemeinschaf t zu einem eingetragenen Verein (e.V.).
Diese Satzungsänderung war die wichtigste Voraussetzung für den Bau des Gemeinschaftshauses, da nun kein Siedler mehr mit seinem Privateigentum für eventuell entstehende Schäden haften musste. Auch der Gemeinderat der Stadt Schwetzingen gab 1964 sein Einverständnis zu dem Bauvorhaben der Siedler. Nun fehlte nur noch ein Faktor, der die Pläne der Siedler hätte durchkreuzen können, nämlich das liebe Geld. Um eben dies zu bekommen, veranstaltete man zahlreiche Feste, wobei man neben den ökonomischen Zielen auch soziale verfolgte, fördern doch solche Feierlichkeiten auch das Zusammengehörigkeitsgefühl.
Die Planungsarbeiten für das Gemeinschaftshaus liefen auf Hochtouren, mit denen der Bauingenieur Hans Werner aus Oftersheim beauftragt wurde. Nach Schätzungen beliefen sich die zu erwartenden Baukosten auf 240 000 DM. Der Sgm. stand wesentlich weniger an Barmitteln zur Verfügung, woraufhin beschlossen wurde, einen Großteil der Arbeit in eigener Regie zu übernehmen, um so eine nicht unansehnliche Zahl an Kosten zu sparen. Dies führte dann auch letztendlich zur Gründung eines Bauausschusses . Es folgten in dieser Zeit viele Bauauschußsitzungen. Bei einer davon war der Bürgermeister mit 12 Stadträten zu Gast. Thema war nicht nur der fortschreitende Bau des Gemeinschaftshauses als Bauabschnitt Nr. 1, sondern der Bau einer Mehrzweckhalle im Anschluss an das Rheintal als Bauabschnitt Nr. 2. Auch diesem nicht verwirklichten Projekt stand der Gemeinderat sehr auf geschlossen gegenüber. Jedoch sind vom Jahre 1964 nicht nur bauliche Aktivitäten zu berichten. Die Gründung der Frauengruppe am 23. Oktober und die Einführung der Möglichkeit von Sammelbestellungen für Heizöl Kohle und Kartoffeln legen bestes Zeugnis dafür ab.
Ende 1967 zählte der Verein 197 Mitglieder. überhaupt war 1967 ein Jahr von reger Vereinstätigkeit. So wurden Baumschneidekurse abgehalten, außerdem beteiligte man sich wie auch im Jahre 1965 mit zwei Wägen und einer Fußgruppe am Schwetzinger Fastnachtsumzug. Weitere erfreuliche Ereignisse dieses Jahres waren die Asphaltierung der Siedlerstraße und des Hirschbrunnenweges sowie die Vertiefung der Freundschaft zu Siedlern aus Speyer.
Im darauffolgenden Jahr zählte der Verein mittlerweile 224 Mitglieder, was einem Anstieg der Mitgliederzahl um fast 100 Personen in sechs Jahren entspricht. Auch wurde im Hirschacker die erste Goldene Hochzeit überhaupt gefeiert. Begangen wurde dieser Jubeltag vorn Ehepaar Eichhorn, was auch bewusst werden ließ, dass der Hirschacker nun schon eine ganze Weile existierte.
Ein historisches Ereignis fand am 5.Oktober 1969 statt. An diesem Tage wurde der erste Spatenstich für das neue Gemeinschaftshaus durch Bürgermeister Waibel vorgenommen. Da man im vorangegangenen Monat die Baugenehmigung erhielt, fand dieser lange ersehnte Tag, der von der Stadtkapelle feierlich eingerahmt wurde, nun endlich statt.
Sehr erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist auch die Tatsache, dass der Aushub für das nun entstehende Siedlerheim von den Amerikanern aus der benachbarten Kaserne kostenlos vorgenommen wurde, hatte man doch in den Anfangszeiten des Hirschackers oftmals nicht den allerbesten Draht zueinander. So war es aber eben nun möglich, dass am 28. Juni 1970 die Grundsteinlegung feierlich begangen werden konnte. Die Folge war, dass am 13. November des selben Jahres – also schon sechs Monate später – das Richtfest gefeiert wurde. Die Tatsache der relativ kurzen Bauzeit belegt auch in hohem Maße, mit welcher Entschlossenheit die Siedler auf ihr großes Ziel hinarbeiteten. Es war von daher ganz logisch, dass zum Richtfest 70 Helfer eingeladen waren, die einen Großteil ihrer Freizeit für „ihr Haus“ opferten.
Im Juni des Jahres 1972 erhielt der Verein von der Stadt Schwetzingen eine Spende von 30 000 DM für das „Siedlerheim“, wie es bis kurz vor seiner Einweihung noch hieß.
Am 15.April 1972 – also kurz vor dem 25-jährigen Vereinsjubiläum am 20. Mai 1972 – wurde nach heftigsten Diskussionen der Name „Zum Rheintal“ für die Gaststätte beschlossen.